Wirtschaftsgeschichte in Oberhessen
Eisen hat das Niddertal geprägt

Dank der LEADER-Förderung können in Oberhessen zahlreiche Projekte durchgeführt werden, für die ohne diese Unterstützung durch die Europäische Union kein Geld vorhanden wäre. Eines dieser Projekte ist der geplante Eisenpfad mit Infozentrum am Schloss in Gedern. Mit Erlebnisstationen und dem Wanderweg Eisenpfad wird auf die große Bedeutung der Eisenverarbeitung im Niddertal anschaulich hingewiesen. 

Der Vulkan Vogelsberg hat uns nicht nur eine herrliche Naturlandschaft hinterlassen, sondern auch maßgeblich unsere Geschichte, unser Leben in Oberhessen geprägt. Im Niddertal entstand vor vielen hundert Jahren eine blühende Industrie rund um die Eisenverhüttung und die Eisenverarbeitung. Die Gründung der Buderus-Werke geht auf eine Zeit zurück, in der die Eisengewinnung zwischen Gedern, Hirzenhain und Ortenberg eine wesentliche Rolle spielte. Bereits im Jahr 1375 wird eine Waldschmiede in Hirzenhain urkundlich erwähnt. 1678 baute die Familie Buderus in Hirzenhain  die ersten Hochöfen und legte damit den Grundstein für ein weltweit agierendes Unternehmen. Mit der Eisenverhüttung entstanden zahlreiche holzverarbeitende Unternehmen. Schon auf den alten Handelsstraßen wurden die Güter, die im Niddertal entstanden, transportiert. Wie mag es wohl früher ausgesehen haben? Wo wurden die Eisenerze abgebaut? Wo verliefen die alten Handelsstraßen? Spannende Fragen, auf die man gerne eine Antwort hätte. Dr. Angela Metzner, Historikerin aus Schotten, hat aus diesen Fragen rund um die Rohstoffe, die Wirtschaftsgeschichte und die alten Handelswege einen Projektvorschlag für ein LEADER-Projekt entwickelt. Ideengeber und Unterstützer waren Ute Schultz und Erhard Müth. Ute Schultz ist Pächterin des Gederner Schlosses und gleichzeitig Mitarbeiterin der Tourismusbüros Gedern. Erhard Müth ist Steuerberater und leidenschaftlicher Hobbyforscher in Sachen Geschichte und Geologie. Als Naturparkführer des Naturparks Hoher Vogelsberg entführt er die Menschen in eine Zeit, als man durch Oberhessen noch mit dem Pferdefuhrwerk fahren musste.

Die Draisine beim Gederner Eisenzentrum

Ziel des Projektes ist es, die geschichtlichen Auswirkungen der vulkanischen Vergangenheit sichtbar zu machen. Was ein wenig trocken und wissenschaftlich klingt, wird bei näherem Hinsehen richtig spannend. Alte Industriebetriebe, Steinbrüche, Eisenerzgewinnung, Baugewerbe, Kunstgewerbe, Holzverarbeitung – all das hat im Niddertal seine Spuren hinterlassen. Spuren, die kaum noch wahrgenommen werden, wenn man nicht darauf hingewiesen wird.

Die Idee der drei: Am Schloss Gedern, direkt am Vulkanradweg werden in einem Infozentrum alte Zeugnisse aus der Zeit der Eisenverarbeitung gezeigt. Die Geschichte soll aber nicht nur anhand von Schautafeln dargestellt werden. Man soll Geschichte erfahren und erleben. Das Stichwort heißt Erlebnispädagogik. Als Ergänzung zum Informationszentrum ist ein Außenbereich geplant, wo an verschiedenen Stationen funktionstüchtige Rekonstruktionen und Mitmachstationen Geschichte lebendig machen. An einem Hammerwerk erfährt der Besucher, wie mit Hilfe von Wasserkraft das Eisen bearbeitet wurde.

Ein aufgeschnittener Köhlermeiler macht die Produktion von Holzkohle sichtbar, ein Modell eines Ofens bietet Einblicke in die Eisengewinnung und eine alte Bergbau-Lore erinnert an die Zeit, als im Niddertal Erz abgebaut wurde. Insgesamt sind für den Außenbereich neun Stationen geplant. Höhepunkt wird sicherlich die Draisinen-Bahn, die dann parallel zum Vulkanradweg verläuft und sicherlich den einen oder anderen Radfahrer dazu bringen wird, einmal von seinem Rad auf die Schiene umzusteigen. Ein weiterer wichtiger Baustein des Projektes ist die Ausschilderungen eines Eisenpfades, einer Wanderroute, die zwischen Gedern und Hirzenhain an markanten geologischen und geschichtlichen Punkten zum Thema Eisengewinnung vorbeiläuft. Erste Ideen zur Routenführung gibt es schon. Insgesamt könnte die Strecke 22 Kilometer lang werden und am Schloss Gedern starten. Von dort aus geht es zur Farberden-Grube weiter auf die Alte Frankfurter Straße, einer alten Handelsstraße.

Sie führt an alten Pingen vorbei. Pinge sind trichterförmige Vertiefungen, die auf alte Bergbautätigkeiten hinweisen. Eine wichtige Station des Lehrpfades ist das Kunstgussmuseum in Hirzenhain. Weiter geht es dann über die alte Bergbausiedlung in Steinberg, vorbei an einem Teich, an dem Erz gewaschen wurde, zurück nach Gedern. Entlang des Lehrpfades erläutern Hinweisschilder anschaulich und mit vielen Bildern die einzelnen Anlaufpunkte. Da die Strecke immer wieder an Haltestellen des ÖPNV vorbei läuft, kann man sie auf mehrere Etappen ablaufen. Aber eine schöne Tageswanderung ist sicherlich auch ein besonderes Erlebnis, denn die Strecke verläuft nicht nur entlang der historisch und geologisch markanten Punkte, sondern auch durch eine herrliche Naturlandschaft mit wunderbaren Aussichten. Dr. Angela Metzner ist es besonders wichtig, das Projekt eng mit anderen vorhandenen und geplanten Projekten zu vernetzen, beispielsweise dem Vulkanradweg, dem Geopark Vogelsberg, der Deutschen Vulkanstraße und der Archäologielandschaft Wetterau. Wenn alles wie geplant läuft, kann mit der Umsetzung des Projektes bereits 2011 begonnen werden, 2012 oder 2013 könnte man auf dem Eisenpfad bereits die alte Geschichte der Eisengewinnung erleben und Wissenwertes im Infozentrum in Gedern erfahren. Und natürlich könnte man mit der Draisine durch den Gederner Schlosspark fahren.