Mitarbeiter des Wetterauer Veterinäramtes bergen die schwere Wildsau.
An der Kadaversammelstelle werden Auto und Anhänger desinfiziert.
Veterinäramt und Katastrophenschutz üben, was bei einem Verdachtsfall auf Afrikanische Schweinepest zu tun wäre
Im Gebüsch nahe eines Waldweges liegt eine verendete Wildsau. Ein Spaziergänger mit seinem Hund hat den Kadaver entdeckt und das Veterinäramt des Wetteraukreises umgehend informiert. Wie geht es weiter? Um das korrekte Vorgehen im Falle eines möglicherweise mit der Afrikanischen Schweinpest (ASP) infizierten Tieres zu üben, haben Veterinäramt und Katastrophenschutz eine Szenerie nachgestellt. Gemeinsam spielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Auffindungen und Bergung eines Wildschweins durch.
In mehreren hessischen Landkreisen sind in den vergangenen drei Monaten Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen, in einem Kreis auch in mehreren Hausschweine-Beständen aufgetreten. Die Folge waren kilometerlange Zäune als Barriere und strenge Auflagen für Landwirte, Jäger aber auch für die Bürger in den betroffenen Gebieten. Mehrere Tausend Tiere aus den positiv auf das Virus getesteten Betrieben mussten gekeult werden.
Der Wetteraukreis sei bislang verschont geblieben, müsse sich aber selbstverständlich mit dem Ernstfall auseinandersetzen, sagt Dr. Evelin Jugl, Leiterin des Wetterauer Veterinäramtes: „Der Ausbruch in Südhessen zeigt uns, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich vorbereiten müssen, um im Verdachtsfall entsprechend schnell reagieren und dann auch die notwendigen Folgemaßnahmen im Landkreis ergreifen zu können.“ Jürgen Nickel, Fachdienstleiter Gesundheit und Gefahrenabwehr des Wetteraukreises, der gemeinsam mit Kreisbrandinspektor Lars Henrich die Übung seitens des Katastrophenschutzes begleitet, ergänzt, dass der Wetteraukreis daher Materialien für die Bergung verendeter Tiere und notwendige Desinfektionsmaßnahmen beschafft habe. Sie könnten vom Katastrophenschutz auch in anderen Szenarien, in denen eine Desinfektion von Fahrzeugen und Material erforderlich sei, eingesetzt werden.
Jeder Handgriff muss sitzen
Veterinäramtsleiterin Dr. Evelin Jugl, der die fachliche Leitung der Übung obliegt, erläutert: „Die Abläufe müssen erprobt sein. Jeder Handgriff muss sitzen, um eine Verschleppung des Virus zu verhindern, denn eine Infektion verläuft für Schweine nahezu immer tödlich. Da darf kein Fehler passieren.“ Für den Menschen selbst, betont Dr. Jugl, sei das Virus aber ungefährlich.
Die beiden Tiergesundheitsaufseher, die bei der Übung für die Kadaverbergung der verendeten Wildsau zuständigen sind, sind bereits dabei, sich vorzubereiten: Schutzanzug, Gummistiefel, Handschuhe – alles muss perfekt sitzen und abgedichtet werden. Auch das Handy für die Fotodokumentation packen sie in eine extra Schutzhülle. Mit Klappspaten, verschiedenen Mülltüten, Desinfektionsmittel und einer Trage geht es los zum Kadaver.
Es gelten hohe Sicherheitsstandards
Nachdem die beiden Veterinäramtsmitarbeiter dem Tier eine Probe zum Test auf das Virus entnommen und den Fundort gewissenhaft dokumentiert haben, verfrachten sie die schwere Sau – die heute von einem menschlichen Dummy gemimt wird – in einem Sack auf die Trage. „Ein ausgewachsenes weibliches Wildschwein kann bis zu 80 Kilo wiegen“, erklärt Dr. Jugl. Die Kollegen schwitzen. Der luftdichte Anzug tut sein Übriges. Der Fundort wird desinfiziert und umgegraben und die Sau auf den Autoanhänger verfrachtet. Endlich raus aus den Schutzklamotten. Einfach ist das allerdings nicht, ohne eventuell kontaminiertes Material zu berühren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fachsimpeln, finden schließlich eine Lösung.
Abschließend wird das tote Tier zur Kadaversammelstelle gebracht. Auch diesen Teil simulieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um nichts dem Improvisationstalent oder gar dem Zufall überlassen zu müssen. Auch an der Sammelstelle herrschen hohe Sicherheitsstandards. Nachdem die Sau abgeladen ist, werden die Autoreifen, Hänger sowie sämtliche genutzten, wiederverwendbaren Arbeitsmaterialien sorgfältig mit einem ameisensäure-haltigen Desinfektionsmittel eingesprüht.
„Wir hoffen, keinen positiven ASP-Fall erleben zu müssen“
Dr. Evelin Jugl ist zufrieden: „Sollte sich dann herausstellen, dass ein geborgenes Schwein positiv auf ASP getestet wurde, müssen um den Fundort sogenannte Restriktionszonen gebildet werden, damit die Krankheit sich nicht ausbreitet oder in andere Gebiete verschleppt wird.“ Das habe man in Südhessen vorbildlich erlebt. Die dortigen Behörden hätten sehr umsichtig reagiert. Im Wetteraukreis habe das Veterinäramt im Zuge der Vorbereitungsmaßnahmen auch die Jägerschaft bei einer Online-Veranstaltung mit den notwendigen Informationen versorgt. Mit den Landwirten stehe man ohnehin in engem Austausch. „Obwohl wir natürlich hoffen, dass wir weiterhin keinen positiven Fall der Afrikanischen Schweinepest erleben müssen“, betont Dr. Jugl.