Spannende Baudenkmäler zu entdecken
Fachwerk, Schlösser, Klöster, Industriedenkmäler - Architektur in Oberhessen
Blick auf Lißberg

Die Entwicklung der Kulturlandschaft Oberhessens, über viele Jahrhunderte entstanden, zeigt sich besonders eindrucksvoll in der Architektur der Region. Vom Fachwerk über Residenzen, den historischen Ortskernen bis hin zu Kulturdenkmälern, bietet sich ein umfangreiches Potenzial für eine regionale Landesgartenschau im Jahr 2027. Diese Entwicklung war historisch dabei stets von den ansässigen Fürstenhäusern und der Kirche beeinflusst. Zeugnis hiervon sind die zahlreichen Residenzen, Klöster und mittelalterlichen Anlagen um beispielsweise Gedern, Ortenberg oder Büdingen. Aber auch in der jüngeren Historie spiegelte die Architektur die Entwicklung der Region wider. Entlang des unteren Vogelsbergs entwickelte sich im 19. und 20. Jahrhundert eine Kernzelle der hessischen Industriekultur.

In Hirzenhain belegt dies in imposanter Weise das ehemalige Buderus-Hauptgebäude. Die Backsteinfassade mit den geschosstiefen Fenstern bilden einen außergewöhnlichen Anblick. Und auch in der jüngsten Vergangenheit fanden moderne Highlights der Architektur ihren Platz in Oberhessen. Die Keltenwelt am Glauberg, eine moderne Hybrid-Konstruktion aus rostfarbenen Stahlbeton, thront seit ihrer Eröffnung im Jahr 2011 anmutig über dem mystischen Glauberg. Sogar den Architekturpreis des Landes Hessen gab es für das außergewöhnliche Design bereits im selben Jahr. „Das Themenfeld Architektur im Zuge einer regionalen Landesgartenschau in Oberhessen als einen wichtigen Schwerpunkt zu bespielen, ist absolut nahliegend“, sagt Florian Herrmann, Projektmanager beim Verein Oberhessen. „Da jede Kommune hierbei seine ganz eigenen Besonderheiten hat, egal ob groß oder klein, kann dies als verbindendes Element funktionieren“.

Das ehemalige Buderus-Hauptgebäude / Bild: BU-Domes

Die architektonische Entwicklung Oberhessens findet sich auch in den geographischen Strukturen wieder. So zeigen die Täler entlang von Nidda, Nidder, Seemenbach, Horloff und Wetter durchaus regionale Unterschiede. „Das Niddatal ist geprägt von ehemaligen Papierfabriken und Schmieden, hiervon zeugen allein schon die noch gültigen Ortsnamen. Im Niddertal zeigten sich Bergbau und Industriekultur als prägendes Element. Im Seemenbachtal und Horlofftal sind die dortigen Strukturen durch Landwirtschaft und Viehzucht entstanden.

Das Wettertal zeigt die Entwicklung von Residenzen, Klöstern und Städten. Die Täler in Oberhessen haben architektonisch durchaus unterschiedliche Charakteristiken “, erklärt Gustav Jung, Vorsitzender des Denkmalbeirats des Wetteraukreises. Für Jung bestätigt sich der Reichtum an architektonischen Denkmälern in den erfolgreichen Sanierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte.

„Die Schlösser in Gedern und Ortenberg, der Oberhof in Büdingen, die Burg Lißberg, der Herrnhaag, das Rathaus in Schotten oder auch das Kloster Konradsdorf. Die Liste an erfolgten Sanierungsprojekten ist lang und spricht für sich. Und dennoch gibt es noch viel Potenzial, was man nutzen kann. Beispielsweise könnte das Areal um die Klosterkirche in Konradsdorf weiterentwickelt werden. Der Buderus-Park in Hirzenhain kann einer neuen Nutzung zugeführt werden. In Büdingen gibt es noch ungenutzte Bausubstanz“, erläutert Jung.

Schloss Büdingen / Bild: Tourismus Wetterau Conny Dörr

Eines der offensichtlichsten architektonischen Highlights findet sich dabei in unserer südlichsten Mitgliedskommune. Büdingen – Hier lebt Geschichte. Der Slogan der Stadt kann es nicht passender formulieren, denn Büdingen zählt zu den am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtanlagen Deutschlands und stellt ein hochwertiges kulturelles Erbe dar. Die Ursprünge der Wasserburg datieren bereits aus dem 12. Jahrhundert. Sie bildet seither die Kernzelle Büdingens. Durch den Erhalt des Marktrechts im Jahre 1330 wuchs die Stadt im Anschluss zunehmend, was die Errichtung der imposanten Festungsmauer in den folgenden Jahrzehnten ermöglichte. Die zahllosen Baudenkmäler um Oberhof, das Steinerne Haus und das historische Rathaus entstammen größtenteils dem 15. und 16. Jahrhundert.

Als architektonische Besonderheit zeigt sich in Büdingen die allseits präsente Nutzung von Sandstein als Baumaterial. Die Silhouette der Stadt durchzieht der braunrötliche Baustein. So ergibt sich ein beeindruckendes Ensemble aus Gebäuden, Wallanlage, Pflasterstraßen und historischem Fachwerk. Das historische Erbe ist ein wertvolles Gut, dessen Erhalt aber keine Selbstverständlichkeit ist. In Büdingen wurde 1985 ein umfangreiches Programm der Altstadtsanierung aufgelegt. Über 26 Jahre wurden verschiedene Sanierungsprojekte, sowohl öffentlich aber auch von Privaten, durchgeführt. Rund 22,5 Millionen Euro wurden dafür an öffentlichen Mitteln investiert.

Garten Kölsch in Büdingen

„Heute zeigt sich eindrucksvoll, welcher Gewinn die umfangreiche Altstadtsanierung für Büdingen ist“ sagt Büdingens Bürgermeister Erich Spamer. „Über fast 30 Jahre konnten wir in Büdingen eine wertvolle Aufwertung unserer Altstadt ermöglichen. Eine Vielzahl der heutigen Highlights sind in diesem Zuge erstanden. Zu nennen sind hier die Sanierung des Oberhofs, der Garten Kölsch mit Minigolfanlage, die Neugestaltung des Marktplatzes oder die Inwertsetzung der Wallanlagen. Aber auch an privaten Objekten wurden über 130 Maßnahmen durchgeführt, was die Wohnqualität in der Altstadt nachhaltig verbessert hat. Jeder der in Büdingen wohnt oder zu Besuch ist, kann sich hiervon überzeugen, Touristen sind begeistert“, so Spamer. „Auch in Zukunft wird die Weiterentwicklung und der Erhalt unserer Altstadt eine Kernaufgabe der Stadtentwicklung darstellen. Die einzigartige Stadtmauer mit ihren zahlreichen Türmen, Halbtürmen und Wehranlagen denkmalgerecht instand zu setzen, wird die nächsten Jahre eine wichtige Aufgabe sein.

Eine Landesgartenschau, die im Jahr 2027 stattfinden würde, kann hierbei entscheidende Entwicklungsmöglichkeiten und Fördermittel auftun“, ist Henrike Strauch, 1. Stadträtin Büdingens überzeugt. Dass Büdingen unter dem Gesichtspunkt Architektur ein außergewöhnliches Potenzial für eine moderne Landesgartenschau im regionalen Umfeld darstellt, liegt für sie und Bürgermeister Spamer klar auf der Hand. „Für unseren Ansatz einer zeitgemäßen Landesgartenschau, die auf dem Vorhanden in Oberhessen aufbaut und es dabei sinnvoll in Wert setzt, bietet Büdingen eine hervorragende Bühne“.

Schloss Gedern

Ein weiteres architektonisches Schmuckstück in Oberhessen stellt das gesamte Schlossareal in Gedern dar. Hier ist es in den letzten Jahrzehnten mit viel Engagement und der Nutzung von unterschiedlichen Fördermitteln gelungen, ein stimmungsvolles Ensemble nach historischem Vorbild zu erzeugen. 1987 erwarb die Stadt Gedern das Areal für umgerechnet 632.000 Euro. Der Zustand damals, „bautechnisch besorgniserregend“. Im folgenden Jahr wurde das Schlossareal als Sanierungsgebiet in ein Städteförderprogramm aufgenommen.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 13 Millionen Euro. 28 Jahre später, im Sommer 2016, zeigte sich für jeden sichtbar, wie gut die Sanierung gelungen ist. Das Haupthaus dient als Rathaus und anbei ist das Schlosshotel mit Restaurant untergebracht. Im Wappensaal finden Trauungen und Feierlichkeiten statt. Im Torbogenhaus sind das Tourismusbüro, im Pförtnerhaus Teile des Heimatmuseums untergebracht. Im ehemaligen Marstall befindet sich das Stadtarchiv und eine Seifensiederei. Die Alte Schmiede beherbergt das Infozentrum Geopark Vulkanregion Vogelsberg. Mit dieser entstand auch die 120 Meter lange Draisinen-Strecke. Das ehemalige Kutschenhaus, heute die „Kulturremise“ wird als Lokalität für viele Veranstaltungen genutzt. Hier wurde beispielsweise eine erfolgreiche Förderung durch das LEADER-Programm der Europäischen Union genutzt, was die Sanierung der Remise mit 70% Fördermittelzuschuss erst ermöglichte.

Das neueste Projekt am Schlossareal war 2019 die Errichtung einer Bouleanlage. Hier standen zwar „nur“ knapp 20.000 Euro im Raum, aber auch diese sind in kommunalen Haushalt keine Selbstverständlichkeit. Dieses Projekt wurde mit dem neuen Förderprogramm „Regionalbudget“ zu 80% gefördert. Die Restsumme steuerten Spenden vom Kulturkreis Gedern e.V. und vom Turnverein 1889 Gedern e.V. bei.

Wer heute über das Schlossareal spaziert, darf sich an einem wunderbaren Beispiel barocker Architektur erfreuen. Dass dies in den letzten 30 Jahren entstehen konnte, ist einem großen Engagement vor Ort und der klugen Nutzung von unterschiedlichsten Fördertöpfen zu verdanken. „Im Nachhinein gesehen ist die vollzogene Sanierungsmaßnahme für die Stadt Gedern ein Glücksfall gewesen, um aus den baufälligen und stark sanierungsbedürften Schlossgebäuden in den 80er und 90er Jahren einen neuen Stadtmittelpunkt zu machen. Das ganze Ambiente mit angrenzendem Schlosspark hat sich mittlerweile zu einem Schmuckstück und Vorzeigeobjekt in Gedern entwickelt.“ sagt Gederns Bürgermeister Guido Kempel voller Überzeugung.

Keltenwelt auf dem Glauberg

Architektur kann einen außergewöhnlichen Themenschwerpunkt für eine regionale Landesgartenschau im Jahr 2027 in Oberhessen bilden. Die Vielfalt und Qualität an architektonischen Highlights in der Region sind zahlreich. Mithilfe der Entwicklungsprozesse und Fördermöglichkeiten, die eine Landesgartenschau bringt, können diese Highlights nachhaltig in Wert gesetzt werden. Gerade in Bezug auf denkmalgeschützte Objekte in historischen Innenstadtbereichen kann dies gelingen. Zu nennen wäre die Entwicklung des ehemaligen Klostergeländes in Konradsdorf. Hier bieten die Klosterkirche, eine mögliche Eventscheune oder die Verlagerung und Erweiterung des Hofladens, große Potentiale. Die weitere Umsetzung des Parkpflegewerks am Schlossbergareal in Gedern oder die Weiterentwicklung der Wehranlage in Büdingen würden diese Orte nochmals aufwerten. Am Glauberg könnte ein Forschungszentrum der Kelten entstehen und die Umsetzung des Keltengarten unterstützt werden. Auch Objekte, wie das ehemalige Buderus-Hauptgebäude in Hirzenhain, könnten im Zuge einer Landesgartenschau für neue Nutzungen und Konzepte überprüft werden.

Die Möglichkeiten zur Aufwertung unserer Baudenkmäler rund um Fachwerk, Residenzen oder historische Ortskerne sind zahlreich vorhanden. Dies bietet ein hohes Potential für eine Landesgartenschau im Jahr 2027 und würde im Umkehrschluss unterschiedliche Fördertöpfe für die Inwertsetzung dieser Kulturschätze offenlegen.