Das neue Infozentrum Alte Schmiede Gedern
Anschauliche Exponate vor der Schmiede

Ein kleiner Stups auf die Grubenlampe genügt und schon fängt Heinz Horwan an zu erzählen, wie das damals war, 1485 als Besitzer der alten Waldschmiede Nieder Niddern, in der Nähe des heutigen Steinberg bei Gedern. Die Stimme aus der Vergangenheit gehört einer lebengroßen Puppe, die im Infozentrum Alte Schmiede in Gedern von der Eisengewinnung berichtet. Es muss wirklich eine mühevolle Arbeit gewesen sein, um endlich genug Eisen für das Schmieden eines Hufeisens, eines Türbeschlages oder eines Schwertes zu haben. In dem Seitenbau des Gederner Schlosses gibt es aber nicht nur sprechende Puppen.

Zahlreiche Exponate und Infotafeln zeigen in der ehemaligen Schmiede, wie mit einfachsten Mitteln im Niddertal Eisenerze abgebaut und zu Eisen verarbeitet wurden. Kleine und große Abbaustellen sind im Niddertal bekannt. Die Eisengewinnung war in der Region ein großer Wirtschaftsfaktor. Doch wie hängt das alles zusammen? Welchen Einfluss hatte der Vulkanismus? Wie verliefen die alten Handelsstraßen? Das neue Infozentrum Alte Schmiede gibt Antwort auf diese Fragen. Eines ist auf jeden Fall klar. Viel Muskelkraft war notwendig, um der Erde ein wenig Eisenerz zu entreißen und es weiter zu verarbeiten. „Was für eine Plackerei“, wird sich der eine oder andere Besucher denken. Anschaulich wird erklärt, in welchen Schritten das Eisen gewonnen wurde, wie es verarbeitet wurde und warum es für die Region so wichtig war.

Besonders spannend und anschaulich sind die Exponate vor der Schmiede. An verschiedenen Stationen erlebt der Besucher die Geschichte der Eisengewinnung, erhält Einblicke und erfährt an zahlreichen Modellen, wie aus Eisenerz der kostbare Rohstoff Eisen wurde. Mit viel Liebe und Sorgfalt hat Historikerin Dr. Angela Metzner die Ausstellung konzipiert und aufgebaut. Ute Schultz, Mitarbeiterin im Tourismusbüro und mit ihrem Mann Hubertus Pächterin des Gederner Schlosses, hatte bereits vor vielen Jahren die Idee für solch eine Ausstellung.

Erhard Müth war ein weitere Mitstreiter, Ideengeber und historisch bewanderter Fachmann. Aber wie es häufig mit guten Ideen ist: Allein das fehlende Geld macht einen Strich durch die Rechnung. Dass das Infozentrum vergangenes Jahr trotzdem eröffnet werden konnte, ist neben dem Engagement vieler Gederner Bürger und Firmen sowie der Stadt GEdern vor allem der LEADER-Förderung für die Region Oberhessen zu verdanken. Sechzig Prozent der Projektkosten von circa 160.000 Euro wurden durch Fördermittel der Europäischen Union abgedeckt.

„Die Stadt Gedern hätte dieses Projekt alleine finanziell nicht tragen können“, erläutert Angelika Sowa vom Tourismusbüro Gedern. Dabei ist das Infozentrum ein wichtiger Baustein in der touristischen Vermarktung der Region und ergänzt das Angebot rund um das Gederner Schloss. „Unser Infozentrum stößt auf großes Interesse und wird bereits heute in die Schlossbergführungen eingebaut“, berichtet Angelika Sowa.

Wer vor dem großen Nachbau eines Rennofens oder dem Schnittmodell eines Köhlermeilers steht, kann sich von der Eisengewinnung im Niddertal ein gutes Bild machen. Ein nachgebauter Kohlenmeiler gewährt interessante Einblicke in sein Innenleben. Und wer es noch genauer wissen möchte, wo denn das Eisenerz abgebaut wurde, der muss sich festes Schuhwerk anziehen und sich auf den Eisenpfad begeben. Neben dem Infozentrum ist der Eisenpfad das zweite Projekt rund um das Thema „Eisen, Rohstoffe und Handelsrouten“. Auf dem thematisch ausgelegten Wanderwerg erfährt der Wanderer der 24 Kilometer langen Strecke an zahlreichen Infopunkten interessante geschichtliche Details. An vielen Zeugen der Vergangenheit geht man heute achtlos vorbei. Beispielsweise an den so genannten Pingen, keilförmige Vertiefungen im Boden, die auf Bergbautätigkeiten hinweisen.

Dr. Angela Metzner war es besonders wichtig, das „Infozentrum Alte Schmiede“ und den „Eisenpfad“ als Baustein in das Thema Vulkanismus und Geologie einzubinden. Zahlreiche Geotope in Oberhessen geben einen interessanten Einblick in die Entstehungsgeschichte der Erde. Dort, wo besonderes Gestein zu finden ist, entstand auch meistens ein besonderer Wirtschaftszweig. Basaltstein wurde zum Bauen verwendet, Eisenerze zu Eisen verarbeitet. Die Geologie nahm Einfluss auf die Entwicklung einer Landschaft. Auch das möchte die Ausstellung zeigen.

Damit jedoch bei aller Wissensvermittlung der Spaß nicht zu kurz kommt, hat sich Angela Metzner noch etwas Besonderes einfallen lassen. Die Transportmittel spielten ebenfalls eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Material und Menschen mussten schließlich von A nach B kommen. Direkt am Schlosspark steht das wohl augenfälligste Exponat: eine  Draisine, nach historischen Vorgaben nachgebaut. Auf Anfrage und mit Begleitung durch einen Mitarbeiter des Tourismusbüros kann der Besucher des Infozentrums sogar eine kleine Fahrt durch den Gederner Schlosspark unternehmen. Zwar nur kurz, aber dafür um so eindrucksvoller, denn die Draisine nimmt erstaunlich schnell Fahrt auf.