Auf den Spuren der Römer
Der Limeswachtturm: eines der größten Projekte, die durch LEADER unterstützt wurden

Basalt, Sand, Mörtel und Holz. Es kamen nur Baustoffe zum Einsatz, die auch von den Römern verwendet wurden. Selbst die Nägel sind von Hand geschmiedet. Die Idee, die hinter dem gesamten Projekt stand, klingt einfach und faszinierend zugleich: Bauen mit römischer Technik und authentischen Baustoffen. Experimentelle Archäologie. Das Experiment ist geglückt. Nach vielen Monaten Bauzeit ist der Limeswachtturm im Wald von Rommelhausen nun fertig. Er steht dort, wo früher tatsächlich der Limes verlief, etwas versetzt zu den Resten des römischen Turms, die als Bodendenkmal und Teil des UNESCO-Welterbe Limes erhalten werden müssen. Nicht nur der Wachtturm an sich, sondern auch seine bauliche Entstehung geben faszinierende Einblicke in das römische Leben.

Wo es möglich war, hat man auf moderne Bautechniken verzichtet. Nicht aus nostalgischen Gründen hat sich Kreisarchäologe Dr. Jörg Lindenthal für eine authentische Bauweise entschieden, sondern auch aus wissenschaftlichen. Er wollte Erkenntnisse gewinnen, wie die Römer ihre Gebäude errichteten, welche Probleme zu lösen waren, welche Techniken sie verwendeten. Erkenntnisse hat nicht nur Kreisarchäologe Lindenthal gewonnen, sondern auch Architekt, Handwerksfirmen und die Mitglieder des Geschichtsvereins Limeshain, ohne deren Hilfe der Bau des Limeswachturms gar nicht möglich gewesen wäre. Für die Gemeinde Limeshain ist der Wachtturm ein großes Projekt, das sie schon sehr lange verfolgt. „Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Gemeinde ein solches Projekt auf die Beine stellt“, so Regionalmanager Bernd Uwe Domes.

Das Gerüst wurde aus Fichtenstämme konstruiert

Neben Mitteln aus dem Gemeindehaushalt kam ein großer Baustein für die Finanzierung des Projekts aus den LEADER-Mitteln für die Region Oberhessen. Dank des großen Engagements des Vereins Oberhessen ist es gelungen, europäische Fördermitteln in die Region zu bringen. Zahlreiche Kommunen profitieren davon. „Der Bau des Limeswachturms ist eines der größten Projekte, die durch LEADER unterstützt wurden“, erläutert Regionalmanager Bernd-Uwe Domes. Gemeinsam mit Klaus Karger arbeitet er daran, die Region Oberhessen zu entwickeln. Insgesamt sind 150.000 Euro Zuschuss in dieses Projekt geflossen. Dass dieses Geld sehr gut investiert ist, wird jedem klar, der vor dem fertigen Turm steht.

„Hier ist etwas entstanden, das nicht nur für Limeshain, sondern für ganz Oberhessen von großer Bedeutung ist“, erklärt Stine Kockrick, Vorsitzende des Limeshainer Geschichtsvereins und treibende Kraft hinter vielen Aktionen rund um den Bau des historischen Turms. Die Mitglieder des Geschichtsvereins haben tatkräftig geholfen, wenn helfende Hände, beispielsweise für Mauerarbeiten, benötigt wurden. Experimentelle Archäologie benötigt Zeit und viele Hände. Moderne Maschinen, wie sie heute auf einer Baustelle zu finden sind, gab es im Wald von Rommelhausen nicht. Weder einen großen  Baukran noch ein modernes Gerüst aus Metall. Stattdessen wurde jeder einzelne Stein des Bruchsteinmauerwerks weitergereicht, bis er an der passenden Stelle war.

„Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre das gar nicht finanzierbar gewesen“, so Jörg Lindenthal. Anstatt eines modernen Baugerüsts wurde ein Gerüst aus Fichtenstämme konstruiert. Einziges Zugeständnis waren die Verschraubungen, denn trotz aller Authentizität geht die Sicherheit vor. Auch für den späteren Zugang zum Turm musste man Kompromisse eingehen und eine moderne Stahltreppe anbringen.

Aber zurück in die Welt der Römer. Diese wurde nicht in Meter und Zentimenter gemessen, sondern in römischen Fuß. Also wurde der Turm auch nicht im metrischen Maßsytem konstruiert. Nicht ganz einfach für Architekt Reinhold Melzer aus Büdingen: „Dieses Projekt war eine große Herausforderung, aber es hat auch unglaublich viel Spaß gemacht.“ Einen Limeswachturm baut man schließlich nicht alles Tage, und schon gar keinen in einer römischen Bauweise. Circa 500 Tonnen Basalt aus der Region waren für den Bau des Turms notwendig, 150 Tonnen Sand. Damit man die beeindruckende Mauer aus Basalt auch später noch sieht, wurde ein kleiner Teil des Turms nicht verputzt. Von weitem sieht der Turm nämlich gar nicht nach Basaltmauer aus. Er ist weiß verputzt, und feine rote Fugen wurden vom Geschichtsverein angebracht. „Das ist historische korrekt. Die Römer haben auch die militärischen Zweckbauten ästhetisch verschönert. Das sollte Macht und Stärke demonstrieren“. Es gibt viele Details, die Einblick geben in das römische Leben, in die Art und Weise, wie die Römer Ihre Wachtürme bauten und welchen Zweck sie erfüllten.

Eine Ausstellung im ersten Stock des Turms soll später die Besucher informieren. Auch hier ist wieder der Geschichtsverein gefragt. Nicht nur für den Aufbau der Ausstellung, sondern auch für die Betreuung und für Führungen. Bereits nach der Eröffnung am 17. August möchte der Geschichtsverein regelmäßig zu Exkursionen einladen.

„Der Limeswachturm ist ein wichtiger Baustein in der Wetterauer ArchäologieLandschaft und eine hervorragende Ergänzung zu den Keltenwelten auf dem Glauberg“, erklärt Jörg Lindenthal. Schon während seiner Bauphase hat der Turm für viel Aufsehen gesorgt. Zu Gast war unter anderem die Hexham-Group, Management-Gruppe des UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“. Sie setzt sich zusammen aus Vertretern der drei beteiligten Teile des gemeinsamen Welterbes (Hadrianswall, Antoninuswall und Obergermanisch-Raetischer Limes), die sich mit dem Management der Welterbestätten befassen.

Die Frage, die von den Besuchern im Wald von Rommelhausen am meisten gestellt wurde, war die Frage, ob der Turm in Zukunft frei zugänglich sein werden. Tatsächlich kann man ab dem 17. August den Limeswachturm besteigen und ganz wie die Römer, die ehemalige Grenzlinie zwischen germanischem und römischen Reich bewachen. Allerdings sind heute einige Bäume im Weg, die zu den Zeiten der Römer nicht standen. Bei aller Authentizität wollte man im Limeshain dann doch nicht so weit gehen und eine Schneise schlagen, um die ehemalige Grenzlinie sichtbar zu machen.